Kirche Radewege
Die Radeweger Kirche, ein spätmittelalterlicher Feldsteinbau, mit seinen Kanten, Tür- und Fenstereinfassungen aus Backstein ist dreijochig mit einem vieleckigen Chorschluss sowie einem breiten Westturm. Früher schloss das Turmobergeschoß mit einem hohen, gut proportionierten Zwiebeldach ab, das 1756 fertiggestellt wurde. Der Turm der Kirche beherbergt zwei Glocken, eine aus dem 15./16. Jh. und eine aus dem Jahr 1587 von Joachim Jendrich. Die Kirche wurde um 1900 zum Teil restauriert und ausgemalt, jedoch in recht willkürlicher Art. Das um 1500 aus Backsteinen aufgemauerte Sakramentshäuschen erfuhr bei seiner Restaurierung um 1908 eine Ergänzung.
Aus dem Leben der Fördervereine
Der Tag vor dem verheerenden Tornado in Kiel
Zur Geschichte des Radeweger Kirchturms
Es geschah an einem Freitag, es ist der 4. Mai 1973. Am Nachmittag hält der Pfarrer eine Konfirmandenstunde im Turmraum der Radeweger Dorfkirche. Es ist schwül an diesem Tag. Ein aufziehendes Gewitter verheißt Abkühlung und Entspannung. Als die herannahende Gewitterwand den Turmraum verfinstert, beendet der Pfarrer den Unterricht, zumal er noch im Nachbardorf eine weitere Unterrichtsstunde zu halten hat. Die Konfirmanden gehen nach Hause.
Blitze zucken, Donner grollen – da passiert es: ein Blitz trifft den Kirchturm. Durch seine Wucht werden im Turmraum die elektrischen Glühlampen durch den Raum geschleudert – alles wird verwüstet. Die Holzkonstruktion der Schweifhaube brennt. Die Feuerwehr aus Brandenburg löscht den Brand. Aus Sicherheitsgründen wird die Schweifhaube vom Turm gerissen. Das von der Stadt Brandenburg aus weit über den Beetzsee sichtbare Wahrzeichen gibt es nicht mehr.
Zeichnung: Paul Pribbernow
Einen Tag später tobt am späten Nachmittag in Kiel an der Ostsee einer der schlimmsten Tornados des 20. Jahrhunderts in Deutschland. |
Dieses Ereignis ist nun fast vierzig Jahre her. Viele Dorfbewohner wünschten sich, dass der Turm neu errichtet wird. Doch dazu fehlte nicht nur das Geld, sondern auch das Material. Im Dorf wurde bei der nächsten staatlich genehmigten kirchlichen Straßensammlung überdurchschnittlich viel gegeben. Auch im Rat der Gemeinde, beim SED-Bürgermeister wurde gesammelt. Niemand schien Anstoß daran zu nehmen. Im Dorf gab es sogar eine Einzelspende im fünfstelligen Bereich. Doch das Geld reichte nur zur Beseitigung der größten Schäden an Turm und Dach. Die Schweifhaube wurde durch ein kurzes Zeltdach mit Schiefereindeckung ersetzt.
Amateuraufnahme unmittelbar nach dem Brand 1973
Seit mehr als zehn Jahren bemüht sich der gemeinnützige Kirchdach e. V. Radewege um die Erhaltung und Sanierung des Gotteshauses. Dach, Orgel, Turmuhr und vieles andere sind inzwischen erneuert, repariert und instand gesetzt. Ein Blick auf die Homepage des Vereins gibt hierzu mancherlei Auskunft (www.dorfkirche-radewege.de). Nun hat sich der Verein die schwierigste Aufgabe vorgenommen: die Wiederherstellung des Turmabschlusses von 1756.
Typisch bei den mittelalterlichen märkischen Dorfkirchen ist ein breiter Westturm, der häufig oberhalb der Dachtraufe auf einen fast quadratischen Grundriss eingezogen wurde. Früher wurden solche Kirchen mit ihren schweren Westtürmen als Wehrkirchen bezeichnet. Sicher waren diese Kirchen im Mittelalter oft genug Zufluchtsort der Gemeinde. Die Turmform lässt sich dadurch allein jedoch nicht erklären.
In den Türmen von Domen und Klosterkirchen waren oftmals Erzengelkapellen untergebracht. Besonders verehrt wurde der Erzengel Michael, der als Bezwinger des Satans gilt. Vermutet wird, dass die Dorfkirchentürme eine ähnliche Bedeutung haben. Unter dem Schutz der Erzengel stehend, könnten sie Schutz gegen die Mächte der Finsternis bieten, als deren Sitz man die Himmelsrichtung des Sonnenuntergangs ansah. Dafür spricht auch die oft sehr große Höhe dieser Türme.
Aufnahme: Wolfgang Ziegler
Im Jahr 1756 wurde das ursprüngliche Turmdach der Radeweger Dorfkirche durch eine zwiebelförmige Schweifhaube ersetzt. Durch diesen Turmaufbau erhielt der massive Baukörper eine gut geformte Haube mit einer die Form betonenden Schiefereindeckung. Dieser Aufbau soll nun neu entstehen, da die Turmproportionen so wieder optimal erkennbar werden. Dafür sind nach Schätzungen von Fachleuten etwa 100.000 Euro erforderlich. Der Verein erbittet daher Spenden auf das Konto: Kirchdach e. V., Mittelbrandenburgische Sparkasse Konto-Nr. 360 101 7520 BLZ: 160 500 00. Spendenbescheinigungen können auf Wunsch ausgestellt werden (Anerkennung der Gemeinnützigkeit Finanzamt Brandenburg vom 08.07.2011).
(U.L.)
Aufnahme: Gemeinde Radewege